Montag, 13. Oktober 2014

Alles kompliziert

Ich schreibe hier nichts zur Zeit, weil sich eigentlich nichts zum Thema tut. Ich denk nur sehr wenig ueber den Kinderwunsch nach, auch deswegen, weil er bei mir zur Zeit nicht mehr vorhanden ist. (Vielleicht aendert sich das wieder, wer weiss.) ZweiLinien hat neulich mal darueber geschrieben, wie sich ihre Gefuehle beim Anblick einer schwangeren Frau veraendert haben. Meine haben sich auch veraendert - ich fuehle nur noch Mitleid darueber, dass das Leben derjenigen bald komplett versaut sein wird mit Windelwechseln, Kacke abwischen und Fuettern alle zwei Stunden. Ich will das fuer mich nicht mehr. 

Ich habe viel darueber nachgedacht, woher dieser Wandel wohl kommt. Auch ueber die Beziehung (oder eher das Nichtvorhandensein derjenigen) zu meiner eigenen Mutter. Die hervorstechendste Kindheitserinnerung an meine Mutter ist, wie sie mich mit einem Kochloeffel pruegelt. Auf den Kopf und die Schultern, waehrend ich versuche, mich mit meinen Armen irgendwie zu schuetzen, nachdem sie mich durch die halbe Wohnung gejagt hat. Nicht nur einmal - das gab es ziemlich haeufig. Die zweithervorstechendste Erinnerung ist, auf sie zu warten. Egal ob nach Musikstunden, nach dem Sport, morgens, mittags, abends, im Sommer oder bei minus zwanzig Grad geduscht im Freien - meine Mutter war nie schon da, um mich abzuholen. Wenn ich Glueck hatte, waren es nur zwanzig Minuten, wenn ich Pech hatte, konnten es auch mal anderthalb Stunden werden, bis sie dann aufkreuzte. Woran ich mich nicht erinnern kann, ist ein Lob oder auch mal eine Umarmung. Zum Glueck gab's das immerhin bei meinem Vater und bei meinen Grosseltern. Aber ich frage mich schon, was mit mir los war - bei meinen Geschwistern hat sie sowas nicht durchgezogen. 

Wenn ich jetzt so darueber nachdenke, hatte ich in meinen ganzen langen Singlejahren nie das Beduerfnis nach einem Kind. Ich war einsam, ja, ich habe mir jemanden gewuenscht, der mich in den Arm nimmt, bei dem ich mich auch mal ausheulen kann, mit dem ich das Leben geniessen kann, mit dem ich alles teilen kann - aber ein Kind war in diesen Tagtraueumen irgendwie nie dabei. Dann habe ich meinen Mann getroffen, wir haben geheiratet, und wenn man heiratet, dann gehoeren wohl auch Kinder zum Gesamtpaket dazu...als das Kind dann ausblieb und der ganze Unfruchtbarkeitsterror losging, fing ich wieder an, nachzudenken. Und auch wenn ich es versuche: Ich kann mir mich selbst nicht schwanger oder als Mutter eines Kindes vorstellen. So sehr ich es auch versucht habe, es geht einfach nicht.

Dazu kommt noch, dass unsere Beziehung derzeit so richtig, richtig mies ist. Wir streiten uns staendig. Manchmal aus Gruenden, die eigentlich keine sind, manchmal auch ueber Grundsaetzliches, aber zur Zeit gibt es keine Woche ohne Krach. Ich habe die Schnauze gestrichen voll davon, um alles bitten und betteln zu muessen, egal ob's jetzt der Abwasch ist oder ein Spaziergang mit dem Hund. Mein Mann hat wenig Verantwortungsgefuehl und ist nicht in der Lage, sich an Abmachungen zu halten (ich die Kueche, er den Abwasch ist z.B. eine dieser Abmachungen). Nach drei Tagen ohne Abwasch ekelt mich das Spuelbecken dann meist derartig an, dass ich es einfach selbst mache. Sex gibt's derzeit mit etwas Glueck noch am Wochenende, weil er sonst ja zu muede und erschoepft und ueberhaupt ist, und natuerlich nur dann, wenn er will. Der Kracher kam dann letzte Woche: ich ging an den Computer, nachdem er dringend aus dem Haus musste, und da lief dann ein schoener Porno, der sich offensichtlich nach dem Download automatisch geoeffnet hatte. Es ist schwierig, meine Gefuehle zu beschreiben - Schock, Unglaeubigkeit, Wut, Schmerz. Er meinte, Pornos zu gucken, sei weniger anstrengend, als tatsaechlich selbst Sex zu haben. Und geschaut hat er scheinbar die ganze Zeit, seit wir verheiratet sind. Scheinbar ist das ja nicht so aussergewoehnlich - aber sorry, ich bin wohl leider nicht open-minded genug, um das cool zu finden. Am schlimmsten finde ich wohl, dass er mir alles verschwiegen hat. 
Und sein Kinderwunsch ist wohl groesser denn je - wahrscheinlich bin ich jetzt langweilig geworden und wenn man ein Kind hat, hat man doch immer was, worueber man sich unterhalten kann ("Fynn-Emmanuel hat heute zum ersten Mal in sein Toepfchen gekackt!"). Wahrscheinlich ist das fuer viele LeserInnen hier auch kein Argument, aber: Wenn wir denn nun ein Kind haetten, wuerde auch die ganze Arbeit an mir alleine haengen bleiben, und darauf hab ich echt keinen Bock. Er behauptet zwar, nee, das sei ja was ganz Anderes als jetzt, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sich jemand urploetzlich ueber Nacht aendert, dem es schon zu anstrengend ist, zehn Minuten mit dem Hund rauszugehen, weil ich Migraene habe und mich einfach nur ins Bett legen will. Oder in drei gemeinsamen Ehejahren noch nie auf die Idee gekommen ist, einfach mal selbsttaetig Abendessen zu kochen, wenn ich spaet nach Hause komme und einfach nur fertig mit der Welt bin. Oder einfach mal den Abwasch zu machen, auch wenn ich es nicht schon fuenfmal gesagt habe.

Ich wuerde gerne zur Eheberatung gehen, weil ich mit meinem Latein am Ende bin und nicht weiss, was ich noch tun soll. Er weigert sich, wahrscheinlich weil er auch selbst ganz genau weiss, dass ihm wohl jeder Berater mal ordentlich den Marsch blasen wuerde. Und ja, ich bin wirklich auch nicht fehlerfrei, aber ich musste mich jetzt erstmal ueber ihn auskotzen. Vielleicht habt Ihr ja mehr Verstaendnis dafuer, dass ich in dieser Situation eher nicht so den unglaublichen Drang nach einem Kind verspuere.

8 Kommentare:

  1. Ich würde Dich jetzt am liebsten ganz fest in den Arm nehmen und drücken! Ich finde es gut, dass Du erkannt hast, dass der Kinderwunsch im Moment zweitrangig oder besser gesagt, gar nicht mehr gegeben ist. Du solltest erst mal mit Dir und mit Deinem Mann ins Reine kommen. Auch wenn Dein Mann nicht zur Eheberatung gehen möchte, würde ich an Deiner Stelle für Dich Hilfe suchen, einfach nur so zum Reden. Denn Du trägst so vieles auf Deiner verletzten Seele mit Dir, von dem Du Dich befreien musst. Es muss Dir auch nicht peinlich sein, ich kenne viele in meinem Bekanntenkreis, die sich Hilfe suchen. Und dabei wünsche ich Dir ganz viel Kraft und vielleicht kommt ja bald dann wieder etwas Sonnenschein in dein Leben! Das wünsche ich Dir von ganzem Herzen. Und es ist nicht normal, dass er sich Pornos reinzeiht und Dich links liegen lässt! Alles liebe

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  2. Hey....:(
    du liest dich furchtbar traurig...auch ich würde, wenn ich könnte, dich einfach in den Arm nehmen...
    Ich wünsch dir viel Kraft, einen lieben, guten Menschen mit dem du reden kannst. Ich wünsche dir, dass du deinen ganzen Schmerz und deine Wut los werden kannst und dass du bald wieder befreiter nach vorne schauen kannst.
    Es tut mir sehr leid, dass es dir gerade offensichtlich nicht gut geht.
    Alles Liebe für dich!

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  3. Liebe Maya,

    das ist scheinbar grad keine leichte Situation in der du steckst - um so mehr imponiert mir die Ehrlichkeit und Klarheit, mit der du die Situation angehst. Das ist der erste Schritt auf dem Weg. Lass dir offen, wohin er dich führt und vielleicht holst du dir wirklich Hilfe? Es ist nicht schlimm, um Hilfe zu bitten, ich wünsche dir viel Mut und Kraft!

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  4. Hallo ihr drei,
    vielen Dank für die guten Wünsche und lieben Kommentare. Das mit der Therapie ist hierzulande wegen der Sprachbarriere etwas schwierig...ich wollte nämlich schon seit längerem gehen. Wir werden sehen, was sich tut...

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  5. Eine Sache, von der du schreibst, kommt mir sehr bekannt vor: ich hatte auch eine Mutter, die nie da war. Wenn sie verzweifelt war, rutschte ihr auch mal die Hand aus. Kommunikation fand statt, indem sie mich ignorierte.
    Auch ich wollte viele Jahre keine Kinder haben. Ich dachte, dass ich das nicht könnte, dass ich niemals eine gute Mutter werden würde. Doch vor einigen Jahren wendete sich das Blatt und letztes Jahr, habe ich mir diesen Wunsch (bislang ohne Erfolg) auch erlaubt.
    Eigentlich hätte ich eine Therapie machen sollen, habe mich dann aber für ein Coaching entschieden. Die Coaching-Frau ist sehr gut ausgebildet und könnte eigentlich auch Therapeutin sein. Dieses Coaching hat mein Leben verändert

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  6. Ich hatte berufliche Probleme. Das war der Grund für das Coaching. Habe dann aber ganz schnell festgestellt, dass meine beruflichen Probleme ganz andere Ursachen haben: u. a. meine Mutter. Und

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  7. Dieses hat alles beeinflusst: meine Beziehung zum Lieblingsmann, meine Freundschaften, meinen Kinderwunsch etc. Ich habe mich durch das Coaching verändert - zum positiven. Ich stehe wieder für mich selber ein, höre auf mein Bauchgefühl, habe mich selbst wieder gern. Seitdem gibt es auch in Punkto Haushalt & Co keine Diskussionen mehr.
    Was ich damit sagen will: hole dir ganz alleine Hilfe. Wenn du dich änderst, wird sich auch automatisch deine Beziehung zu deinem Mann ändern. Es wird dir auch helfen, den Kinderwunsch für dich zu klären. Alles Liebe!
    Entschuldige bitte, für die dreigeteilte Nachricht. Aber mein iPad und Blogspot sind nicht kompatibel...

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  8. Hallo Lisa,
    vielen Dank für die aufbauenden Worte! Wir werden sehen, was sich tut....Liebe Grüße!

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